Bündnis 8. März: Beschlüsse der männerlosen Landtagssitzung vor dem Linzer Landhaus

#OhneUnsVielSpaß Parallel-Regierung, Feminismus, Chancengleichheit, GeschlechtergerechtigkeitDas Bündnis 8. März hielt am Donnerstag, 19. November 2015 um 9.00 Uhr vor dem Landhaus in Linz eine Parallelsitzung des oö Landtages ab. Eine „Landtagspräsidentin“ und neun „Landesrätinnen“ beschlossen in der männerlosen Landtagssitzung mit einem humorvollen Augenzwinkern neue „Gesetze“ – angefangen von der Aufstockung des Budgets für Männerberatung bis hin zu Halbe-Halbe bei der Mitbestimmung und Vertretung in Entscheidungs- und Kontrollgremien.

31 Frauenorganisationen in Oberösterreich haben sich vor fünf Jahren zum Bündnis 8. März zusammengeschlossen. Ziel des Bündnis 8. März ist es, Frauenpolitik sichtbar zu machen: „Wir setzen dazu Aktionen und bringen Frauenpolitik ins Bewusstsein der Menschen und unterstützen mit öffentlichen Forderungen aktiv die Frauenpolitik. Weltanschauliche, religiöse und politische Grenzen treten zurück und das gemeinsame Anliegen steht im Vordergrund.“

Die Empörung über die frauenlose Landesregierung und das Auftreten bei der 1. Landtagssitzung am 23. Oktober unter #Ohne uns – viel Spaß (#ohneunsvielspaß) war Anlass, bei der 2. Landtagssitzung eine Parallelsitzung mit Augenzwinkern, aber mit brennenden gesellschaftspolitischen Forderungen vor dem Linzer Landhaus abzuhalten.

Nachdem der Tagesordung zugestimmt wurde und die „Landtagspräsidentin“ die Beschlussfähigkeit festgestellt hat, wurden von den neun „Landesrätinnen“ die Anträge zur Abstimmung vorgebracht.

Tagesordnung:

1. Begrüßung
2. Feststellung der Beschlussfähigkeit und Genehmigung der Tagesordnung
3. Anträge der LRin für Männerangelegenheiten und Kinderbetreuung
Budget Männerberatung
Stufenweise Erhöhung männlicher Pädagogen
40% Männer in der Landesregierung
4. Anträge LRin für Ein-, Durch- und Auswanderung
Niederlassungsrecht und unbeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt
Budgetverteilung: Verpflegung und Unterkunft für Menschen auf Durchreise
5. Antrag LRin für geschlechtergerechte Budgetverteilung
Verpflichtende geschlechtergerechte Ausgewogenheit sämtlicher Budgetbeschlüsse
6. Antrag LRin für leistbares und qualitätsvolles Wohnen
Leistbares Wohnen / Wohnbeihilfe ohne Einrechnen der Alimente
Gender Budgeting in der Wohnbauförderung
7. Antrag LRin für Bildung und soziale Kompetenz
Einführung neues Unterrichtsfach Geschlechtergerechtigkeit
8. Anträge LRin für Umwelt und Agrarwesen
Umstellung gesamter Landwirtschaft in OÖ auf biologische Landwirtschaft
Änderung des Wahlmodus der Landwirtschaftskammerwahl
9. Antrag LRin für Verkehr und Energie
Kostenlose Benutzung des öffentlichen Verkehrs
10. Antrag LRin für Kunst und Kultur
Aufstockung des Kunst- und Kulturbudgets inklusive Basis- und Projektförderung
11. Anträge LRin für Wirtschaft und solidarische Ökonomie
Transparenz von Halbe-halbe in allen Gremien, Erfassung statistischer Daten.
Mindestpension in der Höhe von € 1200,-

TO 3) LRin für Männerangelegenheiten und Kinderbetreuung
Ich beantrage eine Aufstockung des Budgets für Männerberatung um 15% für zum Beispiel Seminare zum Reflektieren des eigenen Männerbildes und für Bubenarbeit.
Darüber hinaus beantragen wir eine stufenweise Erhöhung des Anteils männlicher Pädagogen im Elementarbereich.
Zudem beantrage ich eine 40% Quote für Männer in der künftigen Landesregierung.

TO 4) LRin für Ein-, Durch- und Auswanderung
Die derzeitigen Wanderbewegungen von Menschen östlich und südlich der Alpen nach OÖ und durch OÖ machen es nötig die Gesetzgebung anzupassen. Nach Schätzungen werden 2015 pro 100 in OÖ lebender Menschen 1 – 1,5 Personen hinzukommen. Gleichzeitig werden 2015 1 – 1,5 Personen von 100 OÖ verlassen. Damit hält sich die Bevölkerungszahl in der Waage. Ein Wirtschaftswachstum und eine Belebung ländlicher Gebiete werden erwartet. Partei- und Ressort-übergreifend wird folgender Antrag von mir gelesen:

Ich stelle den Antrag 1: Alle Menschen, die sich ansiedeln wollen werden berechtigt zur Niederlassung in OÖ und erhalten unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.

Antrag 2: Für Menschen auf der Durchreise werden Verpflegung und Unterkunft zur Verfügung gestellt – die Mittel werden auf die Budgets aller Ressorts prozentuell verteilt.

TO 5) LRin für geschlechtergerechte Budgetverteilung
Laut Bundesverfassung sind wir zur Gleichstellung von Frauen und Männern verpflichtet. Der Bund, wir als Länder und die Gemeinden haben daher bei der Haushaltsführung die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern anzustreben. Dieses „Anstreben“ ist meiner Meinung nach zu wenig.

Als Landesrätin für geschlechtergerechte Budgetverteilung stelle ich daher den Antrag, dass künftig sämtliche Budgetbeschlüsse auf ihre geschlechtergerechte Wirkung überprüft werden müssen und nur dann eine Zustimmung zum Budget erteilt wird, wenn eine entsprechende geschlechtergerechte Ausgewogenheit gegeben ist.

TO 6) LRin für leistbares und qualitätsvolles Wohnen
Die Wohnbauförderung an Mieterinnen wurde in den letzten Jahren aus Spargründen massiv gekürzt. Es werden u.a. die Alimente zum Einkommen gerechnet. Tatsächlich handelt es sich dabei um kein Einkommen der Frau sondern um finanzielle Unterstützung für das Kind. Dadurch fallen viele Alleinerziehende aus der Förderung. Die höhere Miete entzieht somit direkt die Lebensqualität der Kinder.

Da es für diese Bevölkerungsgruppe im Gegensatz zur Bauindustrie keine Lobby gibt stellen wir den Antrag, dass im Sinne des Gender Budgeting festgestellt wird, wie die gesamten Fördergelder der Wohnbauförderung des Landes OÖ unter planungs- und verteilungsrelevante Gesichtspunkten aufgeteilt werden und in welchem Ausmaß und Anteil Frauen (und Kinder) direkt gefördert werden. Immerhin geht es da um unser aller Verantwortung zum leistbaren Wohnen und Leben.

TO 7) LRin für Bildung und soziale Kompetenz
Die Landesregierung möge beschließen, dass ab dem Schuljahr 2016/17 flächendeckend an allen oberösterreichischen Schulen ein neues Unterrichtsfach eingeführt wird, dass sich mit der Querschnittsmaterie Geschlechtergerechtigkeit befasst. Alle Schüler_innen sollen dadurch ein umfassendes Wissen in Bezug auf die derzeitige Ungleichbehandlung von Frauen und Männern in vielen Bereichen unserer Gesellschaft erwerben und Sensibilität für Geschlechtergerechtigkeit entwickeln.

TO 8) LRin für Umwelt und Agrarwesen
Klimaschutz und Artenvielfalt sind in den letzten Jahren immer mehr ins Zentrum des Interesses von Umwelt- und Agrarwesen gerückt. Das Land OÖ hat eine sehr große Agrar-Gemeinde und beruft sich auf eine große Artenvielfalt.

Ich stelle daher Antrag 1, das Land OÖ in den nächsten 15 – 20 Jahren zum Bioland OÖ umzustellen. Antrag 2: Änderung der Wahlberechtigung für alle Gremien im Agrar- und Umweltbereich. Der Vorschlag aus dem Agrar- und Umweltausschuss mit Unterstützung des Ressort Männer und Kinderbetreuung lautet: ein verpflichtendes Reißverschluss-System für Frauen und Männer unter besonderer Rücksichtnahme von Jungbäuer_innen, was im Idealfall eine 50% Quote ergibt.

TO 9) LRin für Verkehr und Energie
Wir beantragen die freie Fahrt im öffentlichen Verkehr. Dies kommt insbesondere den Frauen zugute. Umweltfreundliche und nachhaltige Energieformen sollen im Fokus stehen.

TO 10) LRin für Kunst und Kultur
Ich beantrage eine 100% Aufstockung des Kunst- und Kulturbudgets. Die Vergabe erfolgt an OÖ. Künstlerinnen in den Bereichen, Kunstankäufe, Projektförderung und Kunst am Bau und an Frauen*- und Migrantinnen Kulturvereine, mit der Zusicherung einer Basis- und Projektförderung für mindestens 10 Jahre.

TO 11) LRin für Wirtschaft und solidarische Ökonomie
Halbe-Halbe bei der Mitbestimmung und Vertretung in Entscheidungs- und Kontrollgremien von Wirtschaft, Sozialpartnerschaft und weiteren Bereichen. Ab sofort werden statistische Daten zur Vertretung von Frauen und Männern in diesen Gremien erfasst und transparent gemacht. Meine Forderung ist eine ausgeglichene Geschlechterparität in etlichen Entscheidungsfragen von Wirtschaft und Sozialpartnerschaft. Schließlich sind fast die Hälfte der Menschen in OÖ männlich. Ich appelliere an alle Parteien Gerechtigkeit zu üben und in Zukunft 50 zu 50 % Frauen und Männer bei Entscheidungsfragen einzusetzen und auch in der Budgetierung Transparenz einzuführen.

Weiters wäre wichtig die oft diskutierte Mindestpension auf € 1200,- aufzustocken. Dieser Punkt ist besonders dringend, um der ansteigenden Altersarmut entgegenzuwirken.